›w‹ in: Deutsches Wörterbuch (¹DWB) (2024)

der zweiundzwanzigste oder wenn I und J besonders gezählt werden, der dreiundzwanzigste buchstabe unseres alphabets. er hat jetzt überwiegend die aussprache eines labiodentalen stimmhaften reibelauts, doch ist vielfach auch rein labialer spirant zu hören (namentlich nach sch und in qu) und in Mittel- und Süddeutschland (wo das reibungsgeräusch z. th. ein sehr geringes ist) ist diese aussprache die gewöhnliche. ursprünglich aber ist er, wie auch die wiedergabe durch gu im romanischen zeigt, als halbvocal, dem englischen w entsprechend, gesprochen worden; wann die veränderung sich vollzogen hat, läszt sich schwer feststellen, doch deutet manches darauf hin, namentlich die vertauschung von w und b (s. nachher), dasz sie schon in mhd. zeit weit um sich gegriffen hat. die angaben der grammatiker des 16. jahrh. lassen für die damalige zeit die jetzige aussprache annehmen. Jordan (bei Müller quellenschriften 114) sagt: das w ... ist auch am laut dem b nit fast ungleych, allein dasz das w eyn wenig linder im auszsprechen dann das b gehöret wird und nennt es einen athem, wie man heysse kost bläszt. — der buchstabe ist nicht wie die übrigen dem lateinischen alphabet entnommen, sondern innerhalb des deutschen entwickelt und aus zwei verbundenen v gebildet. in ahd. zeit wird meist uu, daneben auch uv, vu, vv geschrieben, nach consonanten pflegt einfaches u gesetzt zu werden s. Grimm gramm. 1, 113 neudruck. Braune ahd. gramm. § 105. auch die benennung ist anfangs schwankend; zuweilen findet sich dafür nach dem griechischen wau, was später mit veränderter aussprache auf das v überging. Ickelsamer (bei Müller 141) sagt: das arm w ist so unmer und unbekannt, dasz man schier weder seinen namen noch sein gestalt waiszt, die Lateiner wöllen sein nit, wie sy dann auch sein nit bedürffen, so wissen die Teütschen sonderlich die schuͦlmaister noch nitt was sy mit im machen oder wie sy in nennen sollen, an ettlichen enden nennet man in we, die aber ein wenig latein haben gesehen, die nennen in mit zwaien unterschidlichen lauten u auff ainander, also uu ... die Schwaben nennen in auwawau, wiewol ich disen kauderwelschen namen also versteh, das es drey u sein, auff grob schwäbisch au genennet. später ist die benennung we (auch bei Clajus 11 Weidling) durchgedrungen.über die entwicklung des lautes ist folgendes zu bemerken:

1)

im anlaut entspricht w in einigen worten ursprünglichem hw, das in den ältesten ahd. quellen noch erhalten ist, so in wer ahd. noch hwer, weder ahd. hwedar, wann ahd. hwanne, wie ahd. hweo, wo ahd. hwâr, weisz ahd. hwîz, werben ahd. hwervan, wölben ahd. hwelben. vereinzelt steht husten ags. hwôsta neben alemann. wueste. zuweilen ist auf gw zurückzugehen, so in warm = lat. formus (f aus ghv). in mhd. zeit wird im bairischen ungemein häufig b für w und umgekehrt w für b geschrieben, s. Weinhold bair. gramm. § 124. 136, was aber nur aus einer annäherung, nicht aus völligem zusammenfall der laute erklärt werden kann. noch im 16. jahrh. kommt die vertauschung handschriftlich nicht selten vor (z. b. in den Sterzinger spielen), während die drucke sie fernzuhalten suchen. dasz anlautend nicht der laut unseres b eingetreten ist, ergibt sich aus den jetzigen verhältnissen: b für w findet sich nur in einigen sprachinseln allgemein (im cimbrischen, in Gottschee, im ungarischen bergland) und in gewissen md. gebieten in unbetonten formen, namentlich in wer und den dazu gehörigen worten (Behaghel grundrisz² 1, 717). berwolf für werwolf (theil 1, 1146. 1242) beruht auf volksetymologischer ausdeutung. w für b erscheint in der älteren sprache, z. th. auch im jetzigen bairischen dialect, öfters in fremdwörtern, vgl. walken balkon (Lexer 3, 652), wascha (Frey gartengesellschaft 14, 4 Bolte) für sonstiges bascha, wachant (städtechron. 11, 620, 9. 659, 18), wenedeyen (H. Sachs 1, 56, 8), wibel (bei K. v. Megenberg), wuckel (Schmeller² 2, 847) locke franz. boucle, wuffun (bei Vintler) it. buffone, besonders auch in eigennamen fremden ursprungs, so bair. Warbara, Walthasar, Wastel Sebastian, henneberg. Wette Elisabeth (Frommann 2, 494). dazu kommt dann noch bair. wabe für babe alte frau und das im md. verbreitete wase für base, das als koseform eine besondere erklärung erheischt. seltener ist vertauschung von w und m. m für w findet sich in dem dialectisch verbreiteten mir wir und einigen anderen, meist unbetonten mundartlichen formen (Weinhold al. gramm. § 168. bair. gramm. § 136. anz. f. d. alt. 21, 156) vgl. auch wachholder. auch der schriftsprache nicht ganz fremd ist das ndd. man 'nur' aus wan (vgl. alem. numan). auf einer ausdeutung beruht das schwäb. Muotisheer (Birlinger wb. zum volksthümlichen aus Schwaben 62), vielleicht auch fränk. thür. mirsching wirsing u. a. w für m wird in dem alemann. wan (Weinhold al. gramm. § 166) früher oft geschrieben. in der verbindung mit r und l ist w im obd. frühzeitig abgefallen (ahd. ringan aus wringan), während die nd. mundarten z. th. auch das mittelfränkische wr, wl bewahren. aus dem nd. sind einige worte mit anlaut. wr in die schriftsprache gekommen, so wrack, wribbeln, wricken. wringen, wriete, wrinschen, wroge, wruke. einige mundarten (Behaghel grundrisz² 1, 717) verwandeln wr wl in fr fl, wieder andere in br bl; fr- für wr- ist in einzelnen wörtern auch ins hochd. vorgedrungen, vgl. frittbohrer zu ndd. wriden drehen, auch in friesel steht das anlaut. f wahrscheinlich für älteres w. auf eine alte doppelheit des anlauts wr — w führt unser rasen mnd. wrase neben obd. wasen. — als zweites glied in den anlaut. verbindungen schw mhd. sw, zw mhd. zw und tw, qu hat sich w meist erhalten. doch ist nach k das w theils ausgefallen (z. b. keck aus queck), theils mit dem folgenden vocal zu einem dunkleren laut verschmolzen (z. b. köder aus querder) s. Wilmanns gr.² 1, 148; dasz, wie theil 7, 2289 angenommen ist, auch w für qu stehen könne, ist nicht richtig, da weinen mit got. qainôn nicht identisch ist und auch bei wabbeln, wachtel nicht auf die angeführte form mit qu zurückgegangen werden musz. ob zuber aus ahd. zwibar entstanden ist. ist fraglich; zibel zippel (aus lat. caepulla) ist jedenfalls ursprünglicher als zwiebel; dagegen ist w aufgelöst in den dialectischen (mfr. nd.) süster schwester und züschen, tüschen zwischen.

2)

im inlaut ist w in der alten sprache sehr häufig, jetzt ungemein selten. nach vocalen war nicht nur einfaches w, so in ahd. lewo löwe, grâwer grauer, snîwan schneien, giliwan geliehen (hier aus gw entstanden, das mit hw — später h — im grammatischen wechsel steht), sondern auch ein verschärftes vorhanden, das eine vorausgehende kürze in einen diphthong verwandelt; dies entspricht theils got. ggw, so in ahd. bliuwan got. bliggwan, triuwi got. triggws, theils ist es durch folgendes j bewirkt worden, so in niuwi got. niujis (aus niwjis), frouwa (aus frawja). schon ahd. und noch mehr mhd. wird das w zwischen vocalen öfters unterdrückt, neben vröuwen steht vröun, neben kniewen knien, neben krâwen krân. dagegen findet sich in md. mundarten w für sonstiges j, so sæwen, blüewen, auch w für h z. b. slêwe, zêwe kemmt vor. die schriftsprache bewahrt w nur in ewig, löwe und dem aus dem ndd. entnommenen möwe. nach mhd. â ist w vocalisiert: blauer mhd. blâwer (darnach auch endungslos blau für mhd. blâ); sonst ist es geschwunden oder durch stummes h (ruhe mhd. ruowe) ersetzt. doch hat sich in den verbindungen auw euw (oder blosz aw ew) w als bloszes schriftzeichen (es steht auch im auslaut!) bis in die mitte des 17. jahrh. erhalten, es wird bauwen, euwer (häufiger bawen, ewer) geschrieben. diese schreibung aw, ew findet sich noch bei Gueintz deutscher sprachlehre entwurf 1641, während er in der rechtschreibung von 1645 au, eu den vorzug gibt; schon vorher hatten sich Schottel in der sprachkunst 1641 und Caesius in der hochdeutschen sprachübung 1643 gegen aw, ew ausgesprochen. in den mundarten ist übrigens dies w vielfach erhalten oder auch durch b oder g ersetzt (anz. f. d. alt. 22, 105. 23, 225. 227. 24, 114). in älteren quellen erscheint b für w am häufigsten im bairischen (Weinhold bair. gramm. § 125), noch in der drucksprache des 16. jahrh. Hans Sachs hat reime wie pfaben mhd. phâwen: haben (8, 310, 20 Keller). die schriftsprache hat ein solches b in hieben mhd. hiewen und eibe mhd. îwe, doch wol in beiden fällen vom auslaut übertragen: hieben hat sein b vom sg. hieb (aus hiew, durch ausgleichung für mhd. hie), eibe von der endungslosen form eib erhalten (anders Schröder anz. f. d. alt. 24, 26). mundartlich findet sich b auch in ewig, löwe. auch g für w wird schon früher vereinzelt geschrieben (Weinhold al. gramm. § 126. mhd. gramm. § 224), am verbreitetsten ist das von Luther und nach ihm von anderen gebrauchte ruge mhd. ruowe. w kann auch zwischen vocalen eingeschoben werden: ein altes beispiel dafür ist löwe aus lat. leo. auch sonst öfter in fremdwörtern und fremden namen z. b. Lowise; die entstellung Jesuwider für Jesuit erklärt sich auf diese weise. mundartliche formen wie gâ-w-i 'gehe ich' führt Weinhold bair. gramm. § 137 an.nach consonanten ist ursprüngliches w schon im ahd. vielfach geschwunden, so in gazza got. gatwô, nackot got. naqaþs, sehan got. saihwan, singan got. siggwan; auch in zusammensetzungen, die nicht mehr als solche empfunden werden, so in wurzala aus wurz-wala ags. wyrtwalu, burgari aus burg-wari ags. burgware, auch in den eigennamen auf -olf (Witolf), -olt (Hûnolt), -ackar (Otackar) aus -wolf, -walt, -wackar (ähnlich ist in späterer sprache mittwoche zu mittiche, mitteche geworden, Weinhold bair. gramm. § 135, schuochworhte schuhmacher zu dem namen Schuchart u. dgl.). wo w steht, ging im ahd. ein vocal vorher: witwe ahd. wituwa, etwas mhd. etewaʒ (woraus in den mundarten vielfach durch assimilation eppes geworden ist); mhd. heiszt es auch noch senewe ahd. senewa (cimbr. seneba) sehne, zu schate der gen. schatewes ahd. scatawes; besonders hat sich nach r und l das w erhalten, so in varwe ahd. farawa, milwe ahd. miliwa, swalwe ahd. swalawa: dies w geht im späteren nhd. in b über, so dasz es jetzt erbse, farbe, gerben, herbe, mürbe, narbe, felber, milbe, schwalbe heiszt. ausgenommen ist schmieren mhd. smirwen (obd. meist schmirben, dagegen schon mnd. smeren), das sich wol nach schmer mhd. smer gen. smerwes gerichtet hat, in welcher form w im auslaut schwinden muszte, wie es auch kahl mhd. kal kalwer, mehl mhd. mel melwes (dazu bair. melber mehlhändler), gar mhd. gar garwer heiszt; diese worte haben alle auch im inlaut kein b, während sich mit übertragung des b vom inlaut auf den auslaut falb neben fahl, gelb neben gehl entwickelt hat. eigentümlich steht pfühl mhd. pfülwe m. (nd. pöle, bei Luther pföhl) neben obd. pfülben, pfulben (auch pfulmen, pfulgen). in einigen md. mundarten ist auch sonst w nach r, l geschwunden z. b. mile milbe. b für w nach r, l findet sich auch in zusammensetzungen, die nicht mehr als solche empfunden werden, so in albern mhd. alwære, dialectisch kirbe aus kirchweih, älternhd. albeg aus alweg. m für altes w erscheint namentlich in der nebenform schwalm zu schwalbe. häufiger ist m für w nach r, l, besonders in bairischen mundarten (Weinhold bair. gramm. § 136); in formen wie leimet aus lînwât ist es durch assimilation entwickelt.

3)

im auslaut kann in der älteren sprache w überhaupt nicht stehen. im ahd. ist es hier in o, seltener u, aufgelöst, also sêo (gen. sêwes), blâo (flectiert blâwer), spêo (pl. spiwun), scato (gen. scatawes), melo (gen. melawes). im mhd. erscheint der vocal als e (schate), meist aber ist er ganz geschwunden (sê, blâ, spê, mel). später treten wieder auslaut. w auf, theils in folge von ausgleichung (blâw nach blâwer, hiew nach hiewen), theils wegen abfalls eines auslaut. e (namentlich obd.). solche auslaut. w werden jetzt noch in einigen mundarten gesprochen (anz. f. d. alt. 24, 114 f.). verbreiteter ist die verwandlung eines auslaut. w in b. daraus erklären sich die oben erwähnten schriftsprachlichen formen hieb, eibe, ferner wittib als nebenform von witwe, Löb als name neben löwe; in weiterem umfang zeigt sich dies b in bairischen denkmälern z. b. blab, grab, noch bei Ayrer. im allgemeinen richten sich in der schriftsprache die unflectierten formen nach den flectierten, so dasz nach vocalen ursprüngliches w sich auch hier nicht mehr findet und nur nach â aufgelöst ist (blau nach blauer); nach r, l ist die sprache nicht consequent und richtet sich im laut nach der unflectierten form bei den schon angeführten schmer, gar, kahl, mehl, fahl, gehl, während in falb, gelb der laut der flectierten formen durchgedrungen ist. im allgemeinen als stumm zu betrachten ist das w, das bis zur mitte des 17. jahrh. in worten wie frauw, getreuw (oder fraw, getrew) geschrieben wird (s. oben).

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